zimmermann

Anton Zimmermann wurde 1949 geboren, promovierte 1978 zum Doktor der Heilkunde. Bis 1983 am LKH Klagenfurt, danach zwei Jahre am KH Oberwart. Von 1985 bis 2019 niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin in Mannersdorf, seit 1995 auch Autor, wobei die eine Profession der anderen durchaus entgegenkommt. Mehrere seiner Romane thematisieren Situationen aus der ärztlichen Arbeits- und Erlebniswelt. Veröffentlichungen: Späte Stunde, Erzählungen, Verlag Ergo sum, 1998; Blenheims Fieber, Roman, Allitera Verlag, 2000; Von Fliegen und Skalpellen, Roman, Allitera Verlag, 2004; Lebenslauf oder Das Rad der Zeit, Erzählungen, edition lex liszt 12, 2010.

Lebenslauf oder Das Rad der Zeit

(Auszug)

Wenn die Fußsohle über die Ferse, sodann über das leicht gewölbte Fußbett bis hin zu den Ballen in ihrer Gesamtheit den Boden berührt, dann lastet sekundenweise ein Gewicht von mehreren Kilogramm auf einem Quadratzentimeter ihrer Fläche. Diese entspricht dem Fußabdruck eines durchschnittlich gewachsenen Menschen und vermittelt allerdings nur die Gewichtung bei aufrechtem Gang. In Bewegung, noch mehr beim Laufen allerdings vervielfacht sich das Gewicht um die Gravitation, die beim kurzen Emporschnellen des Körpers um etwa 30 cm und dessen darauffolgenden Aufprall mittels der Beine auf dem Boden entsteht. Die Belastung muss beim Laufen gegenüber dem aufrechten Gang sodann um den Faktor zwei multipliziert werden, da jeweils immer nur eine Sohlenfläche den Boden berührt. Genau diese Verlagerung auf nur ein Bein macht aber das funktionale Wesen des Laufens aus, ja Michael meinte, dass jene Bewegungsform eigentlich in solch geteilter Metapher bestünde, die da forderte, dass der Mensch mit beiden Beinen auf der Welt stehen müsste. Von der Doppelgewichtigkeit jener Einbeinigkeit und der völligen Gewichtslosigkeit des anderen, nicht benützten, ja dessen Entrücktheit in die Leere der Luft und dessen kurzzeitigen Verlust seiner physikalischen Eigenschaften handelte also die Geschichte, die er heute schreiben würde. Im Übrigen, so kamen ihm die Gedanken nun, handelten viele Geschichten vom vorübergehenden Verlust der Schwere, ja es wäre ihm durchaus plausibel, dass allgemein dort, wo ein menschlicher Gedanke hauste oder er auf Wanderschaft ginge, keinerlei physikalisch messbares Gewicht mehr wäre. Das Laufen nun handelte demgemäß von der Polarität der Physik hier und der Metaphysik dort, wenn man geneigt sei, die reine mechanische Fortbewegung gegenüber der ihr zugrundeliegenden gedanklichen Motivation als Endpunkte solchen Begriffsbogens zu bezeichnen.

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