kerstinger
© Christian Ringbauer

Andrea Kerstinger wurde 1976 in Eisenstadt geboren, lebt in Nikitsch. Studierte Deutsch und Französisch (Lehramt) an der Universität Wien. Zahlreiche Auslandsaufenthalte und Unterrichtstätigkeit in Frankreich, Ungarn und der Slowakei. Lehrerin für Deutsch und Französisch am BRG Oberpullendorf. Sie schreibt Kurztexte, Aphorismen, Lyrisches und Experimentelles.
Beiträge in Anthologien und Literaturzeitschriften (u. a.): Grundsatzfrage, Gedicht, in: & Radieschen 47, 2018; Beitrag zum Aphorismuswettbewerb zum Thema Begegnungen, Edition Virgines, 2018; Frag doch den Anzugmann, Prosa, Ausschreibung Dialog mit den Reichen und Mächtigen, Goldenes Kleeblatt gegen Gewalt, 2017. Gewinnerin des 3. Platzes der Ausschreibung; Erfolgreich gestrandet, Lyrische Prosa, in: etcetera 71 zum Thema Zusammenwachsen – zusammen wachsen: Über den Wert der Integration, 2018; Das schönste Buch von allen, Kurzgeschichte, 2. Preis der Ausschreibung der Buchhandlung Ziegelstein in Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Verlag Adakia, in: Ziegelsteiner Auslese, 2018; Strenge Diät, Prosa, in: Spurwechsel, 2017; König Fürchterlich, Märchen, Ausschreibung Wie die Menschen aufhörten Kriege zu führen, Goldenes Kleeblatt gegen Gewalt, 2016.
 

Einsame Insel

(Auszug) 

Ich ziehe fort von hier. Ich ertrage die Kälte nicht mehr.

Sie sah auf die Worte auf dem Laptop. Sie hatte sie hineingetippt, wieder gelöscht, nochmals geschrieben. Einfache Worte, die dennoch bedeutend waren. Sie hatte sie doppelt unterstrichen, dann wiederum mit dem Leuchtstift markiert. Später hatte sie die Schriftfarbe Rot gewählt. Aber alles war ihr zu aufdringlich erschienen. Also hatte sie es beim Ursprung belassen: schwarze Buchstaben auf weißem Grund.
Ihr Plan war denkbar einfach. Sie würde diese Zeilen einfach in einem Word-Dokument stehen lassen, der Laptop im Wohnzimmer bliebe aufgedreht. Danach würde sie sich die längst gepackte Reisetasche schnappen, sich vergewissern, ob sie den Reisepass dabeihatte und einfach fortgehen. Sie würde sich nicht mehr umdrehen.

...

Sie schreckte hoch, als er plötzlich den Schlüssel an der Haustür umdrehte und schloss schnell das Dokument. Als er die Diele betrat, hatte sie den Poncho bereits enger um ihren Körper geschlungen. Statt einer Begrüßung fragte er spöttisch: „Du frierst doch nicht schon wieder, mitten im Sommer?“

 

aus dem Buch:
Junge Literatur Burgenland
Michael Heckenast - Andrea Kerstinger - Verena Kögl - Konstantin Schmidtbauer
Band 2
Hg.: © edition lex liszt 12, 2018

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