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© Lorenz Estermann

Sarah Estermann wurde 1982 geboren und wuchs in Österreich und Südspanien auf. Sie studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Lehramt. Schon früh begann sie mit dem Schreiben, entdeckte dann ihre Leidenschaft für Drama und Drehbuch und wurde schließlich mit Eiszeit für den Salzburger spec_script_Award nominiert. Im Juni 2020 wurde ihr Hörspiel Interview Nr. 173 auf Radio FRO uraufgeführt. Im Herbst 2020 erhielt Estermann eine Landesförderung sowie ein Stipendium des Bundesministeriums für ihr Theaterstück Sautanz. 2021 erschienen fünf ihrer Kurzgeschichten in der Reihe Junge Literatur Burgenland Bd. 5. Im Dezember desselben Jahres wurde die Kurzgeschichte Das gläserne Mädchen im Rahmen des Wettbewerbs Goldenes Kleeblatt gegen Gewalt publiziert. Zeitgleich gewann sie die Herbstausschreibung der IG feministische Autorinnen mit einem Essay zum Thema Braucht es Feminismus in der Literatur und im Literaturbetrieb?

Mittlerweile lebt sie im Mittelburgenland, arbeitet als Lehrerin und schreibt an ihrem neuen Roman Sevilla bei Nacht

 

A Starship of One’s Own

(Auszug) Ich muss wohl gestehen, dass ich nicht viele Freunde habe. Auf die Frage „Warum?“ würde ich Ihnen wahrscheinlich antworten: Weil mir nichts daran liegt. Ich genüge mir selbst. Und trotzdem habe ich eine Freundin, eine einzige, die mir seit dem Kindergarten erhalten geblieben ist. Eine beste Freundin. Wir waren über Jahre hinweg unzertrennlich und erst nach dem Studium führten uns unsere Wege in verschiedene Richtungen.
Wenn ich zuvor behauptet habe, ich hätte ausschließlich deshalb keine Freunde, weil mir nichts daran liegt, dann ist das vielleicht nicht ganz richtig. Aber ich bin nun einmal ein scheuer Mensch, ich scheue den Vergleich. Es fällt mir schwer, andere Menschen an meiner Seite zu wissen, die besser sein könnten. Was heißt besser, werden Sie jetzt vielleicht fragen. Besser heißt schöner, klüger, talentierter und so weiter. Ich bin nicht stolz auf diese meine Eigenschaft, aber ich kann sie auch nicht verleugnen. Also zurück zu meiner Freundin. Agneta. Sie ist weder hässlich noch dumm noch sonst in irgendeiner Weise missraten. Sie ist einfach anders als ich, in keinster Weise mit mir vergleichbar. Ist ihr Haar rot, ist meines schwarz. Ist sie klein und zierlich, bin ich groß und voluminös. Liegen ihre Stärken im Künstlerischen und Vergeistigten, so bin ich die nüchterne Wirtschafterin. In nahezu allem stehen wir einander diametral gegenüber. Unsere Interessen haben sich niemals überschnitten. Damit meine ich vor allem, dass wir uns nie in denselben Mann verliebt haben. Ich habe von besten Freundinnen gehört, denen Derartiges passiert sein soll und die von da an keine besten Freundinnen mehr waren.
Eines Tages, wir hatten uns über zwei Jahre hinweg nur mehr sehr sporadisch gesehen, rief Agneta mich an. Sie wollte mich treffen.

aus dem Buch:

Junge Literatur Burgenland

Sarah Estermann, David Hoffmann, Magdalena Hutter, Benito Trummer
Band 5
ISBN: 978-3-99016-205-7
Hg.: edition lex liszt 12, 2021

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