geboren 2001 in Eisenstadt, begann 2019 ein Englisch/Spanisch-Lehramtsstudium an der Universität Wien. Studienaufenthalte im Rahmen von Erasmus- und Lehraustauschprogrammen führten sie nach Cádiz und Las Palmas. 2024 nahm sie ein Masterstudium der Internationalen Entwicklung auf, um ihre sprachwissenschaftliche Ausbildung um Perspektiven aus Weltpolitik, Ökonomie und Geschichte zu erweitern. Ermöglicht durch ihre Tätigkeit als Online-Sprachlehrerin und die Flexibilität des Studiums bereiste sie mehrere Monate Zentralamerika und Südostasien.
Geprägt von der spanischsprachigen Kultur und ihrem Interesse an postkolonialen Fragestellungen, gesellschaftlicher Ungleichheit und Machtverhältnissen, schreibt sie über Menschen und Erfahrungen, die sie bewegen. Die Texte in dieser Anthologie sind ihr literarisches Debüt.
© Porträtfoto – Magdalena Maad
Exzerpt 2: (Auswahl Kohfidisch)
Wie starke Frauen mir helfen, Frieden zu verstehen
- Wie Maria mir das Erinnern zeigt:
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Wir schreiben Februar 2019. Das Jahr ist kalt und dunkel. Wir sitzen im warm beleuchteten Wohnzimmer meiner Eltern zu Kaffee und Kuchen beisammen. Der Raum wirkt im Kontrast zum Schnee draußen wie in ein leichtes Orange getränkt. Meine Großtante hat gehört, dass eine Schule in Eisenstadt jüdischen Schüler:innen gedenkt, die dem Holocaust zum Opfer fielen. Sie fragt nach den Namen, die in diesem Denkmal niedergeschrieben sind, und weil wir jungen Leute ja so einfach unser „Orakel-Google“, befragen können, lese ich ihr wenig später vor, wer dort aufgelistet ist. Maria seufzt auf. „Den Erich, den kenne ich doch. Der war ein lieber Bub“, sagt sie gedankenverloren und gleichzeitig aufgebracht. In ihren Augen sieht man, dass sie geistig wieder im Jahr 1938 ist. Maria erzählt detailreich von der Nachbarsfamilie aus der Fanny-Elsler Gasse und deren Geschäft; wie Erich ihrem Bruder Alexander das Schachspielen lehrte und dieser ihn im Gegenzug vor den größeren und stärkeren Buben in der Schule beschützte. „Erich steht unter meinem Schutz“, habe er wortwörtlich gesagt. Sie beschreibt, wie sie an einem Samstag im Winter, als Kind im Hause der Familie Brunner Feuer gemacht hat, damit diese den heiligen Sabbat wahren konnte. Schließlich berichtet sie auch von der Verabschiedung zwischen ihrem Bruder Alexander und Erich. Heimlich und versteckt informierte Erich seinen Freund darüber, dass seine Familie wegmüsse, er wisse nicht wohin, aber weg. Das sei der letzte Kontakt zwischen ihnen gewesen. Maria wirkt nachdenklich und emotional. „Das war eine schlimme Zeit, wo bekannte Menschen deportiert wurden und Bomben gefallen sind“, sagt sie schließlich nach einer langen Stille.
Wir schreiben September 2020. Ich frage Maria nach ihren Brüdern, die im zweiten Weltkrieg kämpften. Drei waren es, der jüngste von ihnen kam niemals zurück. […]
aus dem Buch: Junge Literatur Burgenland; Band 9 edition lex liszt 12, 2025