geboren 1992 in Ulm, wuchs zwischen schwäbischer Restaurantküche und steirischem Bauernhof auf. Sie studierte Komparatistik und Wirtschaftsinformatik und arbeitet als Strategieberaterin für digitale Produkte. Nach Stationen in den USA, Wien und Hamburg lebt sie heute im burgenländischen Marz.
2024 stand ihr Text Im Gehen auf der Shortlist des ORF-Literaturwettbewerbs Textfunken. Weitere Kurzprosa erschien in DUM – Das ultimative Magazin und dem Schweizer Literaturmagazin Das Narr. 2025 war sie Mitglied des Textforums im Literaturhaus Wien. Aktuell arbeitet sie an ihrem ersten Roman mit dem Arbeitstitel Über die Abschaffung der Sommerzeit.
© Porträtfoto – Ellie Katz
Die Schauspielerinnen
(Auszug)
Hier kann man noch getrost entspannen und nichts mitbekommen von den Krisen der Welt. Man ist so weit weg, so ab vom Schuss, dass die Verantwortung irgendwo auf den hundert Kilometern nach Wien in einem Straßengraben liegen bleibt, spätestens jedenfalls aus dem Autofenster springt oder die Stoßstange nach langem Klammern loslässt, wenn man von der S31 abfährt. Deshalb gibt es wahrscheinlich auch keinen kulturellen Austausch hier, weil die Kultur es nicht herschafft. Zu lange sind die Durststrecken, zu gleichförmig die Zielgruppen. Und so müssen Kultur- und Austauschinteressierte mit dem Angebot Vorlieb nehmen, das für die Sommerfrischler vor 50 Jahren geschaffen wurde.
Es gab mal ein paar Kinos, aber inzwischen gibt es nur noch das Cineplexx in Mattersburg und das Dieselkino in Oberwart. Das Kino in Oberpullendorf musste schließen. Es rechnete sich einfach nicht, weil ja auch das Streaming vor dem Burgenland nicht Halt gemacht hat, und in den großen Hütten, die die Leute von ihren Eltern für die sieben Kinder geerbt haben, da baut sich jetzt jede*r ein Heimkino, eine Sauna und einen Pool. Das Burgenland klingt zwar wie ein Kinderparadies mit Bällebad, aber eigentlich ist es eine einzige Feriensiedlung, in der alle Bewohner*innen in ihren eigenen Ressorts sitzen. Versorgt werden die Burgen entweder von den Hausfrauen, von denen es schon deshalb so viele gibt, weil die Kindergärten nicht lange offen haben, manche nur bis zwölf. Und weil die Männer ja niemals einen Teilzeitjob machen könnten, bleiben dann die Frauen zuhause und können am Vormittag die Heimkinos putzen, die Toiletten desinfizieren, die Rasenmäherroboter in die richtigen Bahnen lenken und Wäsche um Wäsche um Wäsche waschen.
Jedenfalls ist der Bedarf für Austausch so verkümmert wegen Angebot und Nachfrage, dass am Ende nur die Sommerfestspiele bleiben und die gibt es eigentlich auch nur für die Zuagraost’n und für die Tourist*innen. Oh, so schön habt ihrs da, na da ist ja wirklich absolute Ruhe und alles noch in Ordnung, und beim Wirt’n gibt’s noch ein Schnitzl um 10 Euro, mah, mit so einem guten Erdäpfelsalat.
aus dem Buch: Junge Literatur Burgenland; Band 9 edition lex liszt 12, 2025