Anna Carina Roth wurde 1993 in Oberwart geboren, lebt in Wien. Absolvierte das Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Weiters Studium der Bildenden Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien, zuerst mit Schwerpunkt Fotografie, aktuell in der Klasse für Ortsbezogene Kunst. Ausstellungen im In- und Ausland, unter anderem in der Landesgalerie Burgenland. 2022 erhielt sie das Startstipendium für Fotografie des BMKÖS, das Emanuel und Sofie Fohn-Stipendium sowie das Arbeitsstipendium des Landes Burgenland. 2023 Workshop am Österreichischen Kulturforum in Kairo, Ägypten und Artist in Residence in Buenos Aires, Argentinien. In ihren künstlerischen Arbeiten nimmt sie Bezug auf Sprache und Körper sowie die Spur, die dieser hinterlässt. Als Autorin veröffentlicht die bildende Künstlerin erstmals in diesem Buch.
Stella
I
ich stülpe mir
das wilde Leben
über den Kopf
wie ein Präservativ
die Wimpern
ins Nadelkissen
gesunken
es prickelt
im Mund
Worte
wie Ebbe und Flut
oh Stella
du stehst zwischen den Fronten
dein Intellekt
eine gläserne Betrachtung
ich fühle mich wie
die Randnotiz
am Ende eines losen Tages
wir teilen
aber
nicht mit
schlage mir die Gedanken
mit einer Hupe
aus den Schläfen
die Erdanziehungskraft
hält mich wach
II
24-Stunden-Service
oder
Bleu de Chanel
Personenaufzug
out of order
steig die Treppen hinab
wie viele Stockwerke
hat dieser Tag
der Türwächter
hat es nicht gesagt
streiche über mein Smartphone
als wäre es deine Hand
auf Zehenspitzen
den Gang entlang
blinzle gegen den Strom
so bin ich
war ich
immer schon
III
rauer Asphalt
reibt die letzten Reste
der Nacht
reibt sie von den Fingern
umschlungene Nachtigall
wetterunabhängig
Räumliches Unvermögen
bin mein eigenes Haus
ein Ballon der droht zu platzen
er wächst und gleitet
drückt sich mit seiner dünnen Haut
an die scharfkantigen Ränder
des Verstandes
vereint sich nicht
mit der vorgegebenen Häuslichkeit
versucht sich bis an die äußersten Kanten
der Fragilität auszubreiten
sich in die Schlupfwinkel zu pressen
knapp daran, Luft zu verlieren
wie oft
daran vorbeigeschlittert
zu schrumpfen
zu entgleiten
zu bersten
und als verschrumpelte Hülle
im Gewirr zu ersticken
wenn Gefäße zerschmettern
zurück bleibt
ein räumliches Unvermögen
Era Erlinghagen, Sarah Molnar, Paula Römer, Anna Carina Roth
Band 9
ISBN:
Hg.: edition lex liszt 12, 2025