1968 in Oberwart geboren, studierte Psychologie an der Universität Wien sowie Grafik und Design in Florenz. Nach mehreren Jahren als bildende Künstlerin mit Ausstellungen in Wien und im Burgenland absolvierte sie eine Weiterbildung zur Klinischen- und Gesundheitspsychologin. Heute arbeitet sie in freier psychologischer Praxis in Wien und Hochneukirchen/Niederösterreich und ist zugleich künstlerisch tätig.
2006 erschien ihr Kinderbuch Die Reise des kleinen Königs im b & m Verlag. 2024 wurde ihr Text Inselleben für die Shortlist des Kärntner Literaturpreises für Kurzgeschichten ausgewählt und in der Anthologie Jetzt im Verlag Anton Pustet veröffentlicht. Mit Nach oben erreichte sie das Finale des Wettbewerbs „wortreich“ des Kärntner Bildungswerks und der Marktgemeinde Finkenstein. Ebenfalls 2024 erschien Herbststurm mit Frühlingsgelb in der Anthologie Prosamund im Kroggl-Verlag. Derzeit arbeitet sie an einem Kinderbuch ab 9 Jahren mit dem Titel Anna Lavender Ogg sowie an einer Sammlung ihrer Kurzgeschichten unter dem Titel Perlmuttliebe.
© Porträtfoto – Regina Bacher-Friedl
Nach oben
Nicht nebeneinander. Nicht in dieselbe Richtung. Aber dennoch untrennbar im Ursprung verbunden, wie die Achsen eines Koordinatensystems, vertikal und horizontal, wodurch Dimension erst möglich ist. So sind sie und er - eine Ergänzung. Wie ein Basislager und ein Gipfelkreuz.
Grau kann schön sein. Sanft und weich. Grau ist wie für sie gemacht - farblos zwischen Weiß und Schwarz - wenig Optionen. Das beruhigt sie und hilft ihr, Geduld zu haben, wenn sie auf ihn wartet.
Aber Grau kann auch düster sein. Lichtlos, einsam, ohne Ergänzung. Es gibt kein Komplementär zu Grau. Grau lebt alleine. Es ist eine Nichtfarbe.
Es gibt genau genommen nur zwei Richtungen: Waagrecht und Senkrecht. Waagrecht bedeutet eben. Nah oder fern. Senkrecht bedeutet steil. Nach oben fliegen oder nach unten fallen.
Sie lebt waagrecht, sieht vor sich den Horizont, diese Trennlinie, die den Himmel oben und die Erde unten hält. Eine Grenze in der Ferne, auf die sie zugeht, wo der Himmel behutsam die Erde berührt. Sie geht langsam, genießt die Reise, hat keine Eile anzukommen. Horizonte sollen weit weg und nicht zum Greifen nahe sein. Sie sollen mit sanften Farben locken, nicht mit dem Ankommen. Die Sehnsucht genügt.
Ganz oben ist sie nie gewesen. Er schon. Er lebt senkrecht und steil. Gipfel, Schnee, Felsen. Über die Grenzen der Angst hinaus. Nur ganz oben ist das Leben intensiv. Die Linie zwischen Himmel und Erde ist für ihn nicht relevant. Für ihn zählt nur das Gipfelkreuz. Sein stürmischer Geist malt knallige Farben in den Himmel auf dem Weg dorthin. Blitzblau, sonnengelb, blutorange. Unerschrocken, unbesiegbar, über sich selbst hinaus.
Sie ist das Basislager zwischen ihm und unendlich. Der Halt, ohne den sein Abenteuer nicht möglich wäre. Dort wartet sie, bis er wieder kommt. Sie braucht kein Synapsenfeuerwerk, keinen Adrenalintreibstoff. Sie liebt sanfte Farben.
Adrenalin ist rot. Wie sein Blut an jenem Tag. Der Schnee taut anfangs wegen der Körperwärme. Dann gefriert er wieder. Der Schnee ist sanft zu ihm, bettet ihn weich, bis er einschläft. Doch die Kälte kriecht weiter in den Körper hinein, hinterlässt eine Botschaft, die sein Blut mit hellem Rot in die Landschaft malt, die sich nicht mehr löschen lässt: Unbesiegbar ist zu Ende.
aus dem Buch: Junge Literatur Burgenland; Band 9 edition lex liszt 12, 2025